/// Kommentar /// – airberlin ist eine Sympathiemarke Berlins, und verdient eine neue Chance zur Restrukturierung und Sanierung! Gelingen kann es nur, wenn Berlin und Nordrhein-Westfalen als wichtige Standorte der air berlin group zusammenarbeiten. Die Politik allein kann das aber nicht stemmen, denn im digitalen Zeitalter und im Zeitalter der „vernetzten Plattformökonomien“ ist eine äußerst knappe, sehr wertvolle und erfolgversprechende Ressource gefragt: „SYNERGIEN“.
Das Problem: der Aufbau von Synergien benötigt Zeit – und daher auch Kapital, Kredit und sogar staatliche Bürgschaften.
Die Krise von airberlin: Politik als Verursacher
Die symbolische und volkswirtschaftliche Bedeutung von airberlin für die Metropole Berlin sollte nicht unterschätzt werden. Der Tourismus-Boom und der Ausbau der Hotelkapazitäten hängen von bisher sicher geglaubten Zuwachsraten im Berlinverkehr ab.
Neben den nackten Fluggastzahlen hängen auch bedeutende internationale Beziehungen der Hauptstadt von einem qualitativ sicheren Luftverkehr ab. Auch die Ambitionen als Innovationsstandort Berlin hängen mindestens mit symbolisch davon ab, ob air berlin eine Zukunftschance hat.
Die Politik in Berlin ist dazu in einer besonderen Mitverantwortung, denn das permanente Bau-Desaster des Terminal-Neubaus am Flughafen BER hat der airberlin group über die Jahre dreistellige Millionenverluste beschert.
Im Unterschied zu einer Bankenrettung hängen von der Existenz der air berlin nicht nur tausende Arbeitsplätze im Flugbetrieb, sondern auch viele Arbeitsplätze in der Tourismuswirtschaft ab. Aus einem Absturz von airberlin kann leicht auch ein Wachstumsknick Berlins werden, der die gesamte Ansiedlungspolitik und die Zukunftschancen der Metropole verändert.
Auch die europäische Luftverkehrspolitik setzt Rahmenbedingungen, die für airberlin existenzbdrohend sind: Konkurrent Ryanair setzt beim fliegenden Personal und bei Piloten auf steuer- und abgabensparende „Outsourcing-Modelle“ in Irland, die am Rande der Legalität angesiedelt sind. Der Billigpreis-Wettbewerb im Luftverkehr kann ohne eine faire Marktregulierung nicht mehr so weiter gehen wie bisher.
Die Krise von airberlin: Managementfehler
Die Marke airberlin wurde nach einem steilen Wachstumskurs „überdehnt“ und in der Marktpositionierung immer „unschärfer.“ Die entstandene Krisenlage von airberlin ist zu einem guten Teil aufgrund unfairer Wettbewerbsbedingungen entstanden. Die Unsicherheiten bei der Inbetriebnahme des BER haben obendrein alle Planungssicherheiten beseitigt, die internationale Kapitalgesellschaften für eine nachhaltige Unternehmensstrategie benötigen. airberlin hat daher in der Vergangenheit bestenfalls mit jährlichen „Anpassungstrategien“ reagiert. Für ein nachhaltiges Geschäftsmodell und für eine wertorientierte Positionierung waren weder Rahmenbedingungen noch Kapital noch Ansatzpunkte vorhanden. Anpassung im Wettbewerb ist jedoch im modernen Luftverkehr für sich allein keine tragfähige Strategie mehr.
airberlin mit innovativen Zukunftsplan
Die Nachfrage im Luftverkehr steigt, jedoch sind die Kostensenkungspotentiale im reinen Flugbetrieb schnell ausgereizt, weil im Billigpreiswettbewerb alle Carrier „das Gleiche mit unterschiedlichen Lackierungen“ als reine Markenstrategien verfolgen.
Die nicht genutzten Ertrags- und Chancenpotentiale liegen in den komplexen, digitalen Wertschöpfungsketten der Kongress- und Tourismuswirtschaft der Metropolen verborgen. Manager und Controller von Luftverkehrsunternehmen haben dafür bisher keinen Blick, weil sie sich auf „Kerngeschäfts-Optimierung“ konzentrieren.
Innovationen im Luftverkehrsgeschäft sollten sich künftig stärker auf die Destinationen, ihre Ziel- und Quellverkehre und auf die im „digitalen Raum“ organisierten Buchungs- und Wertschöpfungsketten ausrichten.
Die Metropole Berlin bietet beste Ausgangsbedingungen, um gemeinsam mit den Investoren von airberlin und gemeinsam mit innovativen Akteuren der „Startup-City“ und der „Tourismusmetropole“ Berlin einen Zukunftsplan zu schmieden.
Im Rahmen der Sanierung von airberlin darf es keine Tabus und Hürden geben, auch innovative Instrumente der Bürgschafts- und Grundstückspolitik können helfen, Werte und Ertragspotentiale zu erhalten, und Zeit für einen Neustart zu gewinnen.
Innovationen und Potentiale im Berliner Luftverkehr
Mit der ITB Berlin, den Leitmessen ITB China, BTB Indien und der neuen Partnerschaft mit Abu Dhabi ist die Berliner Messegesellschaft wichtiger Impulsgeber und Synergiepartner, um Vernetzungsinnovationen mit Hotelketten im weltweiten Luftverkehr voran zu bringen.
Was es in Berlin nicht gibt: eine europäische Vernetzungsagentur mit den Partnerstädten Berlins, die aus dem Inter-Rail-Ticket auch ein Inter-Fly-Ticket entwickelt – mit staatlichen Zuschüssen und Inventives.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterhält weltweit rund 9.000 Projekte, von denen viele ganz besondere „Vernetzungspotentiale“ haben. So fördert z.B. das BMZ in Afrika in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußballbund den Bau von über 1000 Spielfeldern. Ein europäisch-afrikanischer Austausch im Fußball-Sport könnte sich schon bald als bedeutendes Marktfeld entwickeln. Ein airberlin-football-Ticket wäre vermutlich ein besonderer Renner, um die Herzen der vielen Fußball-Fans zu gewinnen.
Angesicht der vormodernen Methoden im Gepäckumschlag auf dem Flugfeld – nicht nur bei airberlin – haben Innovationen in der Service- und Gepäcklogistik weltweit große Chancen und Sparpotentiale.
Schließlich bietet die Metropole Berlin einen einzigartigen Innovationsvorteil: hier ist das Umdrehen der Buchungskette möglich: „Kongress- & Kultur-Ticket first, Hotelpackage und Carrier inklusive“ ermöglicht Leistungsanbietern, die Mittlerprovisionen einzusparen und Synergien der touristischen Wertschöpfungskette für sich zu beanspruchen.
Der Vorteil einer „smarten Servicialisierung der Reisebuchungen“ liegt als Synergiepotential in der Berliner Luft!
Die Chancen für eine airberlin mit innovativen digitalen Zukunftsplan sind riesig! 2025 werden mehr als die Hälfte aller Menschen in mehr als 250 Smart Cities und Mega-Metropolen-Regionen leben. Berlin sollte mit dabei sein!
Michael Springer, 10.Juni 2017