Die Initiative Netzwerk Süd-West Berlin e.V. lädt anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Künstlerkolonie am Breitenbachplatz zu einem Spaziergang durch die Kiezgeschichte der Kolonie ein. In elf Geschäften nahe des Breitenbachplatzes werden vom 17.8. bis 8.9.2019 auf Plakaten Kurzbiografien der ehemaligen Bewohner der Künstlerkolonie mit Fotos und Exponaten ausgestellt.
Wilmersdorfs Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann wird am 17.08. im Rahmen des Sommerfestes am Rüdesheimer Platz die Ausstellung offiziell eröffnen.
Die Geschichte der Künstlerkolonie
Die Künstlerkolonie entstand von 1927 bis 1930 auf Initiative der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (GDBA) und des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller. Ziel der Koloniegründung war es, auch für sozial nicht abgesicherte Künstler und Schriftsteller preiswerten und komfortablen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Der Volksmund erfand für die Siedlung den Namen „Hungerburg“.
Die Anlage wurde zu 75 % von der GDBA und zu 25 % vom Schutzverband deutscher Schriftsteller finanziert. Sie gründeten für die Errichtung der Siedlung die Gemeinnützige Heimstättengesellschaft mbH „Künstlerheim“.
Der Grundstein der Siedlung trug die Inschrift
AUS DEM NICHTS SCHAFFT IHR DAS WORT,
UND IHR TRAGT’S LEBENDIG FORT,
DIESES HAUS IST EUCH GEWEIHT,
EUCH, IHR SCHÖPFER UNS’RER ZEIT.
und wurde am 30. April 1927 vom Schauspieler Gustav Rickelt, Vorsitzenden der GDBA, gelegt.
Die Wohnblocks der Künstlerkolonie entstanden im Rahmen des städteplanerischen Konzepts der „Gartenstadt“, das schon vor dem Ersten Weltkrieg entstanden und von 1911 bis 1915 um den Rüdesheimer Platz herum realisiert worden war. Das Siedlungskonzept stellte mit dem Verzicht der Hofbebauung eine bewusste Alternative zu den Berliner „Mietskasernen“ dar. Die drei Wohnblocks der Künstlerkolonie wurden von den Architekten Ernst und Günther Paulus entworfen. Ein vierter Wohnblock vom Steinrückweg zum Breitenbachplatz war zwar ab 1931 geplant, der Bau wurde aber vom nationalsozialistischen Regime unterbunden.
Im Zentrum der Wohnanlage wurde ein großer Platz (Ludwig-Barnay-Platz; ehemals: Laubenheimer Platz) als Kommunikationszentrum vorgesehen. Auch die Gestaltung der Block-Innenbereiche sollte die Begegnung der Bewohner erleichtern und fördern. Sie wurde bereits kurz nach ihrer Fertigstellung zum Wohnort bedeutender Persönlichkeiten des Kulturlebens der Weimarer Republik. Bis heute haben eine Vielzahl prominenter und auch weniger bekannter Schriftsteller, Schauspieler, bildender Künstler und auch Wissenschaftler hier ein Zuhause gefunden.
Im Jahr 1990 wurde die Gartenstadt am Südwestkorso unter Denkmalschutz gestellt. Diese beinhaltet auch die Künstlerkolonie, die etwa 20 Prozent der Fläche ausmacht. Gut vier Jahre später wurde am 31. Dezember 1994 die Künstlerkolonie an die Veba (später: Viterra, Deutschbau, Deutsche Annington, heute: Vonovia) verkauft.
Weitere Informationen:
Verein „KünstlerKolonie Berlin e. V.“ – www.kueko-berlin.de