Mittwoch, 16. Oktober 2024
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Cannabisfreigabe und der Arbeits- und Gesundheitsschutz

Cannabis-Freigabe: Einstellungstests werden notwendig

Von Michael Springer

Die geplante Entkrimininalisierung von Cannabis in Deutschland hat Folgen für Ausbildungs- und Arbeitsplätze und für den Aufwand bei Bewerberauswahl und für das Personalmanagement.
Arbeitsunfall-Risiken müssen neu betrachtet werden. Bildungsziele und Berufsziele und die körperliche Eignung müssen neu beurteilt werden. Betroffen sind alle Berufsberatungen, Bildungseinrichtungen und alle Arbeitgeber und Fachverbände. Die gesetzliche Unfallversicherung benötigt zudem neue Regeln.

NULL Alkohol und NULL Cannabis bei Arbeit und Bildung

Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sowie ihr Spitzenverband, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) treten dafür ein, Alkohol und Cannabis am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen gleich zu behandeln.
Das heißt: In beiden Fällen muss ein Konsum, der zu Gefährdungen an Arbeitsplätzen und in Bildungseinrichtungen führen kann, ausgeschlossen sein. Die DGUV hat dazu ein wichtiges Positionspapier verfasst.

Koalitionsvertrag für eine Cannabis-Legalisierung

Die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung 2021-2025 verankerte Canabis-Freigabe wurde von Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach voran getrieben. Die Belange von Gesundheits- und Arbeitsschutz wurden offenbar nicht priorisiert. Der am 6. August 2023 der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf wurde vom Kabinett verabschiedet und am 18. Oktober 2023 dem Bundestag vorgelegt.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum kontrollierten Umgang mit Cannabis wurde vom Bundestag debattiert und soll nun in dieser Woche beschlossen werden. Parallel dazu wird vom BMG der Startschuss für eine Cannabis-Präventionskampagne gegeben.

Cannabis-Grenzwert im Verkehr?

Drogen oder Alkohol ans Steuer? — Eigentlich ist den meisten Menschen bewusst, berauschende Mittel machen den Straßenverkehr unsicherer. Nach einem Bier darf man gerade noch Auto fahren, denn es gilt eine gesetzliche 0,5-Promille-Grenze. Bei der Legalisierung von Cannabis sollen diversen Vorgaben umgesetzt werden. Es gibt jedoch keinen verantwortbaren Grenzwert für den Wirkstoff THC im Blut.
Der ADAC schlägt selbst eine differenzierte Regelung mit tendenziell strengeren Vorgaben für Fahranfängerinnen und Fahranfänger vor – und dringt auf eine breite Aufklärung über die erhöhten Unfallrisiken. Bei Fahranfängern sollte weiterhin die bloße Möglichkeit einer Wirkung der berauschenden Substanz bei 1,0 Nanogramm THC sanktioniert werden. Mehr dazu: Cannabis-Legalisierung und THC-Grenzwert: Das gilt am Steuer.

Innenministerkonferenz warnt vor Risiken

Doch so einfach ist das nicht, denn vor allem in Fahrerberufen gibt es viele weitere Gefahren im Straßenverkehr und weitere Unwägbarkeiten, die etwa bei Übermüdung des Fahrer drohen.
Die Innenminister der Bundesländer warnten in einem Brief an die Abgeordneten des Bundestags sowie an Innenministerin Nancy Faeser (SPD): Es werde zwangsläufig „mehr Verkehrsunfälle mit leichten, aber auch mit schweren Folgen geben, die auf Cannabis-Einfluss zurückzuführen sind“, heißt es in dem Schreiben vom Freitag, das Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen als Vorsitzender der Innenministerkonferenz unterzeichnete. Auch seien „gravierende negative Auswirkungen auf die Bekämpfung organisierter Kriminalität, den Kinder- und Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz zu befürchten“. Vor allem für die Altersgruppe der unter 25-Jährigen berge Cannabis das Risiko unheilbarer psychischer Erkrankungen.

Cannabis und Einstellungstests

In Zeiten eines großen Fachkräftemangels ist die Cannabis-Freigabe ein weiteres Arbeitsmarkthemmnis.
Derzeit existiert grundsätzlich keine rechtliche Grundlage für einen vom Betriebsarzt durchzuführenden Drogentest — für Arbeitgeber in Sachen Arbeitssicherheit und Unfallschutz ein unkalkulierbares Risiko.

Rechtlich ist aber klar: wenn die ausgeschriebene Stelle unbedingt danach verlangt, dass keine THC-Abhängigkeit vorliegt, kann ein Drogentest gerechtfertigt sein.
Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen muss immer ein begründeter Verdacht vorliegen, dass der Beschäftigte sich aufgrund seiner Abhängigkeit nicht mehr für die jeweilige Tätigkeit geeignet ist.

Berufe, bei denen Drogentests vorgeschrieben sind, wie etwa Fahrerberufe, Busfahrer, Lokführer und Piloten, vermitteln die Einstellungskriterien über entsprechende Berufsinformationen.

Nach Cannabis-Freigabe wird es notwendig, alle Berufsanforderungen und die Durchführung vorbereitender Drogentests in Stellenanzeigen transparent darzustellen und zu kommunizieren.

Viele attraktive Berufe sind übrigens nur bei Cannabis-Enthaltsamkeit zugänglich und bieten sichere Karrierechancen.

Lesen Sie dazu auch: Cannabis-Freigabe: Was sagen Arbeitsminister und Gesundheitsminister dazu?