Donnerstag, 05. Dezember 2024
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Ode an meine Eltern, Hansik und Bibimbap

Eun-Young Cho

Von Eun-Young Cho

Alteingesessene Berliner werden sich an das koreanische Restaurant KIM CHI am Adenauerplatz erinnern. Aber das Restaurant war nicht immer dort.

1979 eröffneten meine Eltern das erste koreanische Restaurant in Berlin mit dem bezeichnenden Namen KIM CHI in der Potsdamer Strasse in Schöneberg, nur drei Häuser von den besetzten Häusern in der Potsdamer Straße 157 und 159 entfernt. Inmitten der heißen Phase der Berliner Hausbesetzerszene, eröffneten meine Eltern das Restaurant KIM CHI mit dem Geld, welches sie jahrelang als Gastarbeiter gespart hatten, um in Korea ein Geschäft zu eröffnen.

Meine Eltern waren koreanische Gastarbeiter. Mein Vater kam 1966 als Bergarbeiter nach Dinslaken, NRW, und meine Mutter landete 1970 auf dem Flughafen Tempelhof, um als Krankenschwester in Berlin zu arbeiten. Sie kamen zu einer Zeit nach Deutschland als Korea eines der ärmsten Länder der Welt war. Sie lernten sich in Deutschland kennen, heirateten und gründeten eine Familie. Aus den anfänglich geplanten drei Jahren, sind es nun mehr als 50 Jahre geworden. Ich selbst bin also ein Kind der zweiten Generation koreanischer Gastarbeiter, eine ‘Ise‘.

Zurück zum KIM CHI. Nach zwei Jahren erhöhte der Vermieter die Miete des Restaurants auf das Doppelte. Meine Eltern entschlossen sich daher, einen neuen Standort zu suchen.

Restaurant KIM CHI
Restaurant KIM CHI – Foto: © Eun-Young Cho

Sie fanden eine Lokalität am Adenauerplatz direkt am Kudamm. Leider genügte das vorhandene Geld nicht für einige notwendige Installationen. Sie liehen sich daher noch zusätzlich 170.000 DM von Freunden und 30.000 DM von der Bank. Und so wurde im Dezember 1981 das Restaurant ‘Kim Chi auf den Churfirsten‘ am Adenauerplatz eröffnet und meine Eltern betrieben es dort 29 Jahre lang.

Ursprünglich war das Restaurant am Adenauerplatz ein Schweizer Restaurant, namens ‘Auf den Churfirsten’. Pragmatisch wie meine Eltern waren, übernahmen sie einfach den Namen und die Schweizer Speisekarte und so standen anfangs koreanische, chinesische und schweizerische Spezialitäten auf der Karte. In dieser Kombination sicherlich bis heute einmalig! Und es gab tatsächlich Gäste, die koreanisches Bulgogi gemeinsam mit Schweizer Raclette gegessen haben. Irgendwann verschwand das „auf den Churfirsten” aus dem Namen und damit auch die chinesischen und schweizerischen Gerichte aus der Speiskarte.

Die Hauptspezialität des KIM CHIs war koreanisches Bbq auf richtigen Holzkohlegrills am eigenen Tisch zum Selbstgrillen. Ganz authentisch wie in Korea. Und auch authentisch wie in Korea, roch man nach einem Besuch selbst wie ein Holzkohlegrill. Es gab aber natürlich noch andere traditionelle koreanische Gerichte wie Bibimbap, Samgyeopsal (gebratener Schweinbauch) und verschiedene Eintöpfe, wie Kimchi-Eintopf oder das für den deutschen Gaumen eher ungewohnte Gericht Gopchang-jeongol (Rinderdarm-Eintopf). Und es gab natürlich das namensgebende Kimchi und verschiedene Banchans (saisonale Beilagen).

Ich bin mit koreanischem Essen groß geworden und bei uns zu Hause gab es bereits zum Frühstück eine warme koreanische Mahlzeit. Das erklärt meine Liebe und Leidenschaft für koreanisches Essen. Heute arbeite ich zwar als Rechtsanwältin aber meine Passion für das koreanische Essen teile ich in meinen koreanischen Kochkursen mit den Teilnehmern, unter anderem im Koreanischen Kulturzentrum und bei Goldhahn & Sampson. In der koreanischen Community nennt man mich denn auch „die kochende Rechtsanwältin“. Das größte Kompliment bekam ich einmal von einer Kochkurs-Teilnehmerin als sie zu mir sagte: „Man spürt Deine Begeisterung für die koreanische Küche, die du auf uns überträgst!“ Mission completed!

Hansik

‘Hallyu’ – die koreanische Welle – ist im Trend! K-Drama, K-Pop, K-Beauty und natürlich K-Food! In den vergangenen Jahren haben zahlreiche koreanische Restaurants oder Restaurants, die koreanisches Essen anbieten, in Berlin eröffnet. Schätzungen gehen hin bis zu 100 koreanische Imbisse, Bistros und Restaurants in Berlin!

Hansik bedeutet wörtlich „koreanisches Essen“. ‘Han’ steht hierbei für Korea, ‘Sik’ für Essen und das Essen hat eine jahrhundertelange Tradition. Die heutige koreanische Küche ist von der königlichen Hofküche und der Küche des einfachen Volkes geprägt.

Aufgewachsen im alten West-Berlin, kannten in den 70er und 80er Jahren viele Deutsche Korea gar nicht. Umso mehr freue ich mich über den derzeitigen Hype um Korea im Allgemeinen und um Hansik im Besonderen. Ich muss immer lächeln, wenn ich in deutschen Sendungen, Zeitungen, Zeitschriften oder Food-Magazinen koreanische Rezepte von Kimchi, Bulgogi, Bibimbap, Tteokbokki und Co. sehe.

ABER! Nun ist auch beim Kochen eine gewisse künstlerische Freiheit erlaubt und auch Koreaner selbst sind beim Kochen sehr kreativ. Aber nicht immer, wo koreanisch draufsteht, ist auch authentisch koreanisch drin!

Kimchi wird nicht mit Gochujang (koreanische Chilipaste) zubereitet!

Man verwendet in der koreanischen Küche keine Kräuter wie z. B. Koriander oder Minze!

Und zu einer richtigen koreanischen Mahlzeit gehören zahlreiche Banchans unbedingt dazu!

Ganz typisch für die koreanische Küche sind ihre fermentierten Zutaten. Das bekannteste dürfte Kimchi sein, aber auch Jangs sind unerlässlich. Dazu gehören Ganjang (Sojasauce), Gochujang (Chilipaste) und Doenjang (Sojabohnenpaste).

Das beliebte koreanische Gericht Bibimbap
Das beliebte koreanische Gericht Bibimbap – Foto: © Eun-Young Cho

Bibimbap

Ein sehr beliebtes koreanisches Essen ist Bibimbap. Bibimbap heißt übersetzt „gemischter Reis“. Hierbei wird Reis mit gewürztem Gemüse, optional Fleisch und einem Spiegelei vermischt. Das Ganze wird dann je nach Geschmack mit einer scharfen Gochujang Sauce und Sesamöl abgeschmeckt.

Die genauen Ursprünge des Bibimbaps sind unbekannt aber das Gericht wurde im 19. Jahrhundert das erste Mal schriftlich in dem koreanischen Kochbuch ‘Siuijeonseo’ erwähnt. In jedem Fall ist es ein sehr schmackhaftes und gesundes Essen. Zudem ist es auch ein sehr ästhetisches Gericht.

In der koreanischen Küche gibt es die 5-Farbenlehre. Ein Essen sollte weiße (helle), schwarze (dunkle), rote, grüne und gelbe Elemente enthalten, damit es harmonisch aussieht. Klassische Beispiele der koreanischen Küche hierfür sind Gujeolpan (Platte mit neun Köstlichkeiten), Gimbap (mit Reis und Gemüse gefüllte Seetangrollen), Jabchae (koreanischer Glasnudelsalat) und eben Bibimbap. Achten Sie mal bei Ihrem nächsten Restaurantbesuch darauf, ob Ihr Bibimbap der 5-Farbenlehre entspricht.

Und somit wünsche ich Ihnen: Masissge deuseyo! Guten Appetit!

Eun-Young Cho
Eun-Young Cho – Foto: © Eun-Young Cho