Bis 2050 werden weltweit über 75% aller Menschen in Städten und Ballungsräumen leben, wenn bisherige Trends anhalten. Das wirft viele Fragen auf, denn die Zukunft von Wohnen und Arbeiten steht auf dem Spiel. Vor allem die Kostenseite des Wohnens muss in den Blick genommen werden, denn es ist kein Zukunftsmodell, wenn eine Hälfte der Stadtbevölkerungen Geld in Kapitalanlagen steckt, und die andere Hälfte dafür Mieten und Renditen absichert.
Die Lage ist ernst: während Baugenossenschaften heute in Berlin mit Mieten von 8,50 €/m² kalkulieren müssen, hat das von Michael Müller 2014/15 in Gang gesetzte Modell der kooperativen Baulandentwicklung kalkulatorisch 13 €/m² Kostenmieten zum Ziel. Unter Stadtentwicklungsenator Andreas Geisel wurde die Latte noch höher gelegt: landeseigene Gesellschaften haben Projekte mit 19-21 €/m² kalkulatorischen Mieten aufgelegt, die als „Studentenappartments“ mit Gemeinschaftsanteil (Berlinovo) oder als kleine altersgerechte Seniorenwohnungen (Gewobag) auf den Markt kommen.
Das hat im Markt starke Signale für Investoren gesetzt, die viele Projekte umgeplant oder weiter verkauft haben.
Inwzischen sind im Markt jedoch ganz anderes Messlatten gesetzt: Mikro-Appartments. „Mikroapartments schließen eine Lücke auf dem Wohnungsmarkt, indem sie hohe Qualität zu einem bezahlbaren Preis bieten. Diese hochrentablen Investments stellen den restlichen Wohnungsmarkt größtenteils in den Schatten, da Mietertrag und Rendite wesentlich höher ausfallen, als bei klassischen Neubauwohnungen.“ Erste Projekte in Berlin sind mit kalkulatorischen Mieten von 35 €/m² auf dem Markt. Bei KfW-Darlehen zu Sonderkonditionen (derzeitiger Zinssatz 0,75%*) und energiesparender Bauausführung wird jede Wohneinheit mit bis zu 100.000 € zinsgünstigem Darlehen gefördert.
Inzwischen sorgt sich die Bundesregierung um die Einhaltung von international vereinbarten Klimazielen: Deutschland wird seine Klimaschutzziele für 2020 verfehlen. Strafzahlungen drohen. Während derzeit der Blick vor allem auf die zu hohen Braunkohle-Anteile bei der Stromerzeugung gerichtet wird, ist der Wohnungsmarkt aus dem Blick geraten: Hier sorgt Energieeinsparung für Mieterverdrängung – und für jeden verdrängten Mieter muss praktisch eine neue Sozialwohnung mit neuem CO2-Fußabdruck gebaut werden. Oder staatlich geförderte Mikroappartments.
Dienstag, 3.7.2018 | 19.00 Uhr
„Stadtlabor 2050“: „Smart Living – Anders Wohnen und Beteiligen im Quartier“
Vorträge, Ausstellung und Round Table Talk
„Auch Wohnen wird völlig anders aussehen, als wir es heute kennen. Die Menschen sind älter geworden und haben andere Bedürfnisse an ihre Wohnungen und das Wohnumfeld einerseits; andererseits wird die Gesellschaft mit rasender Geschwindigkeit hochmobil und digital. Die Industrie wird nicht mehr nur laut und dreckig sein und damit geht die strenge planungsrechtliche Abgrenzung von Industrie, Gewerbe und Wohnen zurück. Es stellt sich die Frage, ob neue Wohnformen als Wiederspiegelung dieser Veränderungen entstehen. All dies wird die Innenstädte, die Stadtplanung, die Mietenpolitik, die Partizipation wie wir sie heute kennen, erheblich verändern.
Welche Qualität erreichen wir durch Massenbaumaßnahmen angesichts der wachsenden Bedürfnisse der diversen gesellschaftlichen Gruppen? Was sind die dazu benötigten Wohnformen? Ist es für Student*innen und Senior*innen noch möglich in Großstädten bezahlbaren Wohnraum zu finden?“
Impulsvortrag: Caroline Rosenthal, Mietshäuser Syndikat
Gesprächsrunde:
Jan Kuhnert, Vorstandsmitglied der Wohnraumversorgung Berlin AöR,
Yvonne von Langsdorff, selbstverwaltetes Wohnen zu bezahlbaren Preisen,
Antje Nestler, Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, HHI Berlin,
Caroline Rosenthal, Mietshäuser Syndikat,
Oliver Schruoffeneger, Bezirksstadtrat Charlottenburg Wilmersdorf.
Moderation: Yasser Almaamoun, www.plattformnachwuchsarchitekten.de.
Die prämierten Wettbewerbsarbeiten der Plattformnachwuchsarchitekten „Stadt im Wandel – Stadt der Ideen“ werden dabei wieder öffentlich ausgestellt. Im Anschluss Ausklang mit Getränken.
Veranstalter ist die Stabsstelle Bildung für nachhaltige Entwicklung und entwicklungspolitische Projekte des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf in Kooperation mit www.plattformnachwuchsarchitekten.de.
Anmeldung bei Lidia Perico: bne@charlottenburg-wilmersdorf.de.
TU-Berlin – Architekturgebäude | Raum A 114 | Straße des 17. Juni 152 | 10623 Berlin