Dienstag, 19. März 2024
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Ist der TAGESSPIEGEL Teil der Berliner Krise?

TagesSpiegelEi — Kolumne rund um digitale Hürden

Von Michael Springer

Derzeit laufen in Berlin die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in wenigstens 13 Arbeitsgruppen. Noch sind nicht alle Fakten auf dem Tisch, und noch nicht alle Experten zu Wort gekommen, da platzt der TAGESSPIEGEL mit einem empörenden Verdacht in die Sitzungen hinein:

Verhandelt die Lobby gleich mit?: Berliner Koalitionsgespräche zwischen Einflussnahme und Expertise

In den Arbeitsgruppen von SPD und CDU sitzen auch Vertreter von Konzernen und Verbänden. Deren Positionen fließen nicht ein, heißt es. Doch es gibt Kritik.

Der Beitrag von Alexander Fröhlich, Robert Kiesel und Anna Thewalt interessiert eigentlich alle Bürgerinnen und Bürger und alle politischen und wirtschaftlichen Akteure in Berlin — doch ist er schon nach Stunden hinter der Abo-Paywall „aus der Allgemeinöffentlichkeit“ entschwunden.

Offenbar hat ein Vertreter von Microsoft das Feld der rund 230 Vertreter in den Verhandlungsgruppen von CDU und SPD geräumt, nachdem der Beitrag publiziert war. — Andere Experten sind mindestens peinlich berührt, und äußern sich nun vorsichtiger, oder nur unter „Chatham-House-Rule“ — und immer „ehrenamtlich“ und nicht öffentlich. — Brisante Dinge bleiben dabei sogar unausgesprochen!

Damit sind die Anfangsbedingungen für „künftige schlechte Politik“ perfekt ausgelegt – denn Ehrenamt in Lobbyvereinen schließt Haftung und Verantwortung nur für Vereinszwecke ein.

Die Basis für Gutes Regieren ist in Frage gestellt!

Politische Haftung für das Allgemeinwohl, und vor allem wirtschaftspolitische Verantwortung kann so nicht getragen werden.

Die neu ins Amt gewählten Politiker:innen müssen am Ende einen Eid schwören, für Dinge und Strategien, die nicht sorgfältig und weit genug abgwogen und bedacht wurden.

Das sind auch zugleich die Grundbedingungen für „ständiges, strategisches und nachhaltiges Politikversagen“ in Deutschland und in Berlin:

  • Politiker überheben sich in Koalitionsverhandlungen über Realitäten und Expertenratschläge.
  • Übereinkünfte zu Lasten Dritter werden angelegt.
  • Notwendige Diskurse werden verabsäumt und ausgegrenzt.
  • Allzuständigkeitsdenken und Regulierungsdenken feiern fröhlich weiter.
  • Problemlagen werden agenturisisiert, wobei massive Blindleistungs- und Rebound-Effekte entstehen.
  • Wichtige Systemfragen werden nicht gestellt, die Lösungen werden damit bis auf Weiteres vertagt.
  • Vertrauen in Bürger und Märkte kann nicht angelegt werden, weil nichtöffentlich verhandelt wird.

In Berlin sitzt die Stadtpolitik zudem in einer perfekt entwickelten Falle:

TAGESSPIEGEL-Journalisten und TAGESSPIEGEL-Abo-Paywalls sorgen für die größtmögliche „Metropolen-Echokammer Berlin“, in der Journalisten nach größtmöglichen Klickreichweiten und Bezahl-Abos gieren.

Nicht alle Bürgerinnnen und Bürger, Gäste und Zugewanderten sind informell beteiligt, ihre Lebenslagen werden in der politischen Strategiebildung nicht mehr ausreichend berücksichtig.

Experten müssen sich zudem sorgen, als Lobbyisten diffamiert zu werden, verhalten sich ängstlich, um die eigene wirtschaftliche Existenz und berufliche Reputation nicht zu gefährden.

Hypertrophe Nachrichtenlage bremst strategisches Denken!

Dazu kommt eine tägliche Newsdichte, die nicht nur das individuelle Hirn des „idealen TAGESSPIEGEL-Lesers“ überfordert, sondern auch alle kollaborativen Gremien und Initiativen.

Und so wachsen in Berlin die Probleme zu Problemkreisen und zu Systemproblemem heran:

  • Schüler, die nicht richtig lesen und schreiben lernen, WEIL sich die Eltern keinen TAGESSPIEGEL leisten können. Oder weil die Oma keine Anzeigenzeitung mehr zugestellt bekommt!
  • Jugendgewalt, weil man Jugend als Objekt von Betreuungs- und Sozialagenturen begreift, statt Ausbildungs- und Erwerbsökonomien, Kontakte und individuelle Anreize zu schaffen!
  • Baukrise und Mietenkrise, weil sich niemand in Berlin über die volkswirtschaftlichen Langfristfolgen einer einseitigen Miet-Wohnungspolitik kümmert, die Berlin zum ewigen Subventionsloch machen.
  • Instandhaltungskrisen für öffentliche Gebäude, weil es keine wirtschaftlichen Erträge zur Gegenbuchung gibt.
  • Wechselwirkungen von Digitalisierung, Elitenbildung und Entstehung gesetzwidriger „Bullshit-Castles“ wie z.B. „Charta Grüner Hirsch,“ RBB-Geschäftsführung, ICC-Stillegung, Steglitzer Kreisel und Neubau des BER-Terminals.
  • Selbst Interessenverbände wie IHK, HWK, VBKI, UVB und AIV e.V. und Parteien sind unter Einfluß des TAGESSPIEGEL nicht mehr selbst kritikfest, sondern bilden kommunikativ abgeschottete Netzwerke und Echokammern der Selbstbestätigung, die Innovationen ausbremsen.

Im Ergebnis kommen überlebensnotwendige Urbanisierungsprozesse und konstruktive Politik zum Erliegen. Die physische Urbanisierung und Verdichtung wird gestoppt. Die auf soziale Mischung und Lebenswerb gegründete soziale Urbanisierung bricht ab. Verdrängung und Landflucht setzen ein. Dazu greifen wirtschaftliches Downtrading und rasante Entwertungsprozesse ineinander.

Besserer Journalismus ohne Paywalls muss möglich werden!

Abhilfe kann nur ein gesetzlicher Eingriff bieten: für Grundthemen und essentielle Fragen der „offenen Gesellschaft“ darf es im Journalismus keine „Leser-Paywalls geben! — Leser-Paywalls sind sogar verfassungswidrig, weil sie die Bedingungen für Gleichstellung und Gleichberechtigung zerstören!

Die Alternative: systemrelevanter Journalismus muss mindestens auf lokaler Ebene eine eigenständige, unabhängige Einkommensabsicherung, wie etwa Rechtsanwälte, erhalten. — Vor allem für Gastbeiträge, die Gemeinwesen und Geweinwohl und Inklusion adressieren, macht es auch nur Sinn, wenn „allgemeinöffentlich“ zugänglich publiziert wird!

Der Herausgeber des TAGESSPIEGEL wird aufgefordert, vor allem Fragen der Regierungsbildung allgemein öffentlich zu thematisieren und zu kommentieren! Die Interessenverbände sind herzlich eingeladen, ihre Argumente und Entwürfe direkt und Einzelstimmen zu publizieren!


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